Als Bodhidharma vom chinesischen Kaiser gefragt wurde, wer er sei, antwortete er: „Ich weiß nicht, wer ich bin.“ So die Legende.
Wie kann das sein, dass wir einerseits von Selbsterkenntnis sprechen: „Nun weiß ich, was (wer) ich bin“, und diese Antwort für das menschliche Verständnis bedeutet: „Ich weiß nicht, wer ich bin.“?
Je klarer ich mir meines Seins als das Selbst bewusst bin – bewusst wahrnehme, was ich bin – desto weniger weiß ich, wer ich bin:
„Ich weiß nicht, was das ist, was ich bin.“ Und es ist sogar ein: „Ich weiß nicht, was das ist, was wir sind.“ Warum?
In der Wahrnehmung des Selbst verschmelzen Subjekt und Welt (die auch alle anderen erscheinenden Subjekte umfasst) zu einer Wahrnehmung, die ich als „die Wahrnehmung der Wirklichkeit“ bezeichnen würde.
Ich spüre und empfinde auch klar, dass dies die Wirklichkeit hinter allen Subjekt(en) und Objekt(en) ist, aber sie ist „nondual“: zwischen Subjekten, Objekten und Wirklichkeit gibt es substanziell keinen wahrnehmbaren Unterschied.
Alles besteht aus demselben „Stoff“. Und das Wort „Stoff“ ist der Dualität der Sprache geschuldet, denn diese „Stofflichkeit“ ist zwar sinnlich spürbar, aber erscheint dem Verständnis inhaltlich leer. Daher die Begriffe „Nichts“ und „Leere“ für das Selbst im Buddhismus.
Ich könnte auch sagen: „Ich weiß nicht, was ich über diese Persönlichkeit hinaus bin, als die ich mir selbst erscheine.“
Ich kann so meinen Ursprung als das Selbst wahrnehmen, jedoch nicht mehr inhaltlich von diesem Selbst wahrnehmen als ich als Persönlichkeit (Körper) wahrnehmen und interpretieren kann.
Diese persönlich Wahrnehmung geschieht schon immer vor dem Hintergrund der Selbstwahrnehmung: „Ich bin. Alles ist als das Selbst ein Ich. Alles, was ist, bin ich.“
Jedoch kann ich das persönlich nicht in der Welt beanspruchen.
Im letzten Beitrag sprach ich vom Baum und seinen Früchten. Als Persönlichkeit bin ich nur diese Frucht am Baum. Und das ist alles in gleicher Weise, ob Brennnessel, Streifenwanze, Libelle, Reh oder Mensch. Ja, selbst jedes Atom.
Nichts ist substanziell mehr oder weniger dieses Selbst.
Worin sie sich unterscheiden, ist in der Persönlichkeit und damit im Verständnis des Selbst (dessen, was ist).
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