Was ist die Rolle der Lehre im Thema „Erwachen“?

Lehre ist vergleichbar mit einem Schraubenzieher. Ich verwende ihn, um eine Schraube zu lösen.

Ob nun Advaita, Buddhismus, Mystik (oder andere Richtungen) im Thema: Es sind alles Schraubenzieher.

Anwenden muss ihn jeder Mensch selbst.

Hernach ist er relativ uninteressant, außer ich will ihn weiterreichen, also selber im Thema lehren.

Oftmals wird aber der Schraubenzieher verehrt statt angewendet. Und dabei, gerne über viele Generationen, bis zur Unkenntlichkeit entstellt.

Ich hörte mir einen Vortrag über Buddha an, den ich an sich recht ansprechend fand. Und der Vortragende meinte: Buddha lehrt die Überwindung des persönlichen Bewusstseins.

Ich meinte dann in einer Diskussion, dass diese Interpretation der Lehre Buddhas – meiner Ansicht nach – schon einen grundsätzlichen Fehler enthält:

Es sind die Inhalte des Bewusstseins, die persönlich sind, aber Bewusstsein an sich ist unpersönlich, besser gesagt: transpersönlich.

Die Aussage ist zu missverständlich, vermittelt den Eindruck, es ginge um die Überwindung des Bewusstseins.

Darauf kam der Einwand, im Buddhismus würde gelehrt, dass das Ego das Bewusstsein erzeugt.

Und so zieht ein Missverständnis das andere nach sich. Umgekehrt wird ein Schuh (Schraubenzieher) draus: Das Bewusstsein erzeugt die Persönlichkeit.

Weiterhin hieß es dann in diesem Vortrag: Die Überwindung des persönlichen Bewusstseins resultiert in einer objektiven Weltsicht.

Es gibt keine objektive Weltsicht, wende ich hier ein. Die Wahrnehmung der Welt ist immer subjektiv. Das Objekt ist das Wahrgenommene. Und das Subjekt ist das Wahrnehmende.

Wie sich das wahrnehmende Subjekt in der Selbsterforschung über die Gesamtheit der Raumzeit empfunden ausdehnt (besser gesagt: als über die Gesamtheit der Raumzeit bereits ausgedehnt erkannt wird), entleert es sich in dieser Wirklichkeit von jeder persönlichen Beschränkung, Limitation – und ist im Kontext der Buddhismus dann „Das Nichts“, „die Leere“.

Warum? Bewusstsein ist nicht beschränkt auf eine Persönlichkeit (Körper), durch die es die Welt wahrnimmt.

Bewusstsein erzeugt die Empfindung Ich und ist über die Gesamtheit der Raumzeit ausgedehnt: das das sogenannte „kosmische Ich“. Aber das kosmische Ich ist kein anderes Ich als genau das Ich, das jeder empfindet.

Das kosmische Ich ist im Ichempfinden: „Ich denke, ich schreibe, ich muss aufs Klo.“ genau dasselbe Ich wie das kosmische Ich. Ich glaubt sich nur auch auf diese Persönlichkeit beschränkt.

Warum? Da Ich mich auf die wahrgenommenen Inhalte beschränke. Aber die wahrgenommenen Inhalte erzeugen nicht Ich, noch stecke Ich in einem dieser wahrgenommenen Inhalte fest, die Ich eh nicht festhalten kann.

Ich ist im Wesen „nondual“ und die Selbstempfindung der Wirklichkeit. Es gibt keine zwei Wirklichkeiten. Die Wirklichkeit ist „nondual“. Wo sich die Wirklichkeit aber selbst betrachtet und erlebt, wozu sie einen Körper braucht, erscheint sie sich selbst als „dual“: Ich als Persönlichkeit und Welt.

Das „Ego“ (ein Wort für Ich, das ich persönlich hasse 🙂 ) ist nur der „Trennungsgedanke“: Die Überzeugung des Ich als Persönlichkeit von sich selbst als die eigentliche Wirklichkeit getrennt zu sein.

Aber es ist die Wirklichkeit selbst, die sich als Ich empfindet und um sich in ihrer Vielfalt wahrzunehmen und zu erleben die Persönlichkeiten erschafft.

Dieses ganze Sortiment der Schraubenzieher dient nur dazu, diesen grundsätzlich Irrtum zu durchschauen: dass ich nicht schon das echte und richtige Ich wäre, egal wie gewandet Ich als Persönlichkeit erscheinen mag.

Das persönliche Gewandt (Körper) liegt gar nicht in meiner persönlichen Macht, sondern unterliegt der Macht des einen wahren Ich, das durch all diese Körper schaut: der Wirklichkeit selbst: Ich.

Buddhas Lehre vom Nicht-Ich dient nur dazu, mich selbst von diesem Irrtum zu extrahieren. Letztlich gibt es nichts anderes als Ich, aber Instrumente, um mir zu erleichtern, meinen eigenen Irrtum zu durchschauen.

Das ist analog wie im Jnana-Yoga, in dem ich mich selbst erst einmal von allem unterscheide (Viveka) was vergänglich ist, um das zu erkennen, was ich ewig (immer) bin. Und dann, geheilt von meinem Irrtum über mich selbst, wieder in meine „Wandelnatur“ (Persönlichkeit-und-Welt-Sein) eintauche.

Aber die Schraube muss ich selber ziehen.

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