Heute starb L.,

der dritte nahe Bekannte in den letzten Monaten.

Meine Rolle ist derzeit meist einfach den Menschen zuzuhören und „leise“ zu diskutieren, womit ich meine, die Energie möglichst frei fließen zu lassen, also zu versuchen, zumindest die Möglichkeit dafür zu schaffen.

Am Abend hatte ich dann eine Diskussion mit einem Ladeninhaber über den Faschismus. Er meinte, die Ursache für den aufkommenden Faschismus sei Angst.

Angst ist mit das wichtigste spirituelle Thema, denn wenn die Kundalini aufsteigt, kann das sowohl losgelöste Euphorie als auch bodenlose Angst auslösen, gerade in der Erkenntnis, dass letztendlich „niemand mir helfen kann“, ich selbst mit dem Thema alleine stehe, aller „Gurus“, „Meister“ und „klugen Sprüche“ zum Trotze.

Es gibt keine wirklich tragenden sozialen Schutzzauber der Worte gegen diese bodenlose Angst, die aus dem „genetischen Gedächtnis“ aufsteigen kann.

So ist das schwierigste spirituelle Thema nicht völlige Losgelöstheit oder tiefe Euphorie ohne erkennbaren Grund, sondern diese existenzielle Angst.

Die einen sagen, es sei die Angst vor dem Tode, andere meinen, es sei die Angst vor dem Leben. Und ich sage, sie hat letztlich gar keinen erkennbaren Grund.

Ich darf ihr eine Ursache „andichten“, aber wie die völlige Losgelöstheit keinen greifbaren Grund hat, so auch die bodenlose Angst.

Lange untersuchte ich die bodenlose Angst und fand keinen erkennbaren Grund. Aber sie hat das Potenzial, sich an jedes Thema anzuhaften und zu einer „Angstneurose“ (heutiger sozialer Definition nach) zu werden.

Ich darf denken, ich hätte etwas falsch gemach, regiert die Psyche auf das „substanzielle Nichtwissen“ mit bodenloser Angst statt mit grenzenloser Euphorie, aber auch das greift zu kurz.

Es gibt letztlich keinen erkennbaren Grund. Es ist einfach ein Gefühl, ekelhaft wie Zahnschmerzen, nur in anderer Weise … Angst. „Lieber würde ich sterben, als diese (Ur)angst zu spüren“- darf ich denken.

Es gibt keine Heilung von der Angst. Und wer das verspricht, lügt in meinen Augen. Denn sie kommt aus einem Raum, in dem ich alleine bin, alleine mit der Angst, sie rein und klar zu mir gehört, zum Menschsein gehört, wie jede andere Emotion.

Diese Diskussion im Ladengeschäft brachte mich aber auf die Idee, Angst im spirituellen Kontext zu diskutieren.

Doch weiß ich noch nicht „Wie?“, denn im Grunde habe ich gar kein Rezept gegen die Angst.

Soll ich nicht über „Liebe“, „Herzchen“, „Losgelöstheit“, „Euphorie“, „Befreiung“ schreiben – Versprechen und Wege dahin? Zumindest ließe sich das „verkaufen“, auch bleiben es leere Versprechungen.

Aber da ich im Thema eh nichts verdiene, schreibe ich vielleicht einmal über die Angst, denn um im Angesicht der heutigen Zeit halbwegs „klar“ zu bleiben, bleibt mir nichts, als die Angst in die Klarheit zu tragen, mich nicht von ihr treiben zu lassen, in leere Versprechungen … mit ihr zu leben, sie als Teil meiner selbst anzunehmen, sie zu ertragen, so sie auftaucht.

Alles lässt sich verkaufen, die Angst bleibt ein Ladenhüter in einem Ladengeschäft, das niemand zu betreten wagt, wird sie oder er nicht durch die Angst gezwungen.

Das macht sie rein, unbezahlbar, unvermeidbar, klar, ekelhaft, unverkäuflich, ehrlich, rustikal, nervig – aber „spirituell-menschliche Wahrheit“ ohne Angst gibt es nur auf dem spirituell-esoterischen Jahrmarkt der leeren Versprechen.

Wüsste ich einen Weg in die Bodenlosigkeit des Daseins, ohne der ekelhaften Urangst zu begegnen, würde ich ihn lehren. Doch den gibt es nicht. Und das macht das Thema so furchtbar anspruchsvoll. Und jeder, der ihr nicht begegnen will oder kann, sollte rennen, so er kann … aber hat dann schon verloren, denn dann beginnt eine Flucht, die unmöglich ist.

Der Urgrund ist immer auch ein für alle persönliche Form bodenloser Abgrund.

Und kein psychischer Ausdruck ist hier sicher.

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